Am heutigen Tag hat Justizministerin Eva Kühne-Hörmann das sogenannte Justizaufbauprogramm 2020 vorgestellt. Der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag, Gerald Kummer, bezeichnete das Programm als große Enttäuschung. Entweder habe die Ministerin die Warnsignale und Notrufe der Bediensteten der Hessischen Justiz mal wieder überhört oder sie nehme diese bewusst nicht ernst.
Kummer sagte am Montag in Wiesbaden: „Die Ministerin rühmt sich mit dem präsentierten Programm für die Schaffung von 279 neuer Stellen. Die hessische Justiz beschäftigt jedoch insgesamt über 15.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dabei bestehen in fast allen Arbeitsbereichen aufgrund der hohen Arbeitsbelastung deutliche personelle Mängel und Nachwuchsprobleme. Zudem sind nicht alle 279 Stellen entlastend, da unter anderem durch neue Auflagen, beispielsweise zur Fixierung von Gefangenen, ein zusätzlicher Personalbedarf entstanden ist. Darüber hinaus befürchtet der Deutsche Richterbund eine deutliche Verschärfung der Personalsituation, da rund 40 Prozent aller Richterinnen und Richter im Staatsdienst in den nächsten zehn Jahren in den Ruhestand gehen“, so Kummer.
Die Stellen, die Frau Kühne-Hörmann der Justiz 2020 zur Verfügung stelle, seien leider weniger als ein Tropfen auf den heißen Stein. In Anbetracht des hohen Bedarfs und der sich immer weiter zuspitzenden Situation sei diese Zahl lächerlich.“
Das große Ungleichgewicht aus geringer personeller Ausstattung und dem hohen, ständig wachsenden Arbeitsaufwand, führe nicht nur zu großem Frust unter den Bediensteten. Aufgrund des Personalmangels entstünden längst erhebliche Verfahrensverzögerungen. „Das gefährdet das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Rechtsstaat“, sagte Kummer.
Besonders belastet sei etwa der Bereich der Rechtspflege. Dort bestünden derzeit Arbeitsbelastungen von bis zu 180 Prozent. „Dass in den vergangenen zehn Jahren den Rechtspflegerinnen und -pflegern kein einziger Antrag auf eine Teilzeitbeschäftigung genehmigt worden sei, beweise, wie unabkömmlich hier jede Arbeitskraft sei.
Auch die Attraktivität der Berufe im Staatsdienst werde weiterhin nicht gestärkt. Immer mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wanderten in die private Wirtschaft ab, die mit hohen Gehältern, besseren Aufstiegschancen und geringerer Arbeitsbelastung locke. Nachwuchskräfte entschieden sich nach ihrer Ausbildung lieber gleich für eine Karriere außerhalb des Staatsdienstes. „Die Justizministerin hat wieder einmal Chance verpasst, echte Entlastung zu schaffen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der hessischen Justiz brauchen eine vernünftige Perspektive im Staatsdienst mit besseren Gehältern und schnelleren Aufstiegschancen“, sagte Kummer.